BIDA – Bin ich das Arschloch?

In der allgemeinen Problemschwemme der letzten Zeit habe ich mich nicht ganz wohlgefühlt. Irgendwie……irgendwie fehlte da noch was. Ich mein, kann ja nicht sein, dass ich nur unter dem Single-Dasein leide, unter meinem Gesicht und meiner Wohnsituation sowie diffuser Corona-Angst. Machen wir es noch ein wenig komplizierter und stellen die Frage? Bin Ich Das Arschloch? Und nicht der Narzisst? Oder einfach wir beide?

Wenn ich mal ein paar Monate zurückspule, da fragte ich mich hier noch öffentlich, ob es in Ordnung ist, dem Blogger nicht zu sagen, dass ich blogge. Das ist sicher eine grundsätzliche Frage beim Dating. Bisher habe ich es immer so gehalten, dass ich Männern das nicht erzähle, wenn ich sie grad kennenlerne – dann aber auch nicht über sie schreibe. Sondern höchstens dann, wenn klar ist, dass wir von nun an absolut getrennte Wege gehen.

Davon war ich beim Narzissten ausgegangen. Alle (negativen) Texte über ihn – und ja, es waren viele – sind entstanden, nachdem es aus war.

Zumindest war ich davon ausgegangen, dass es aus war. Woher hätte ich sicher sein sollen, mein Friedensangebot nach zwei Wochen Funkstille oder so hatte er ja ignoriert.

Dass er nach zwei Monaten wieder angekrochen kommt, konnte ich doch nicht ahnen?

Ein Teil von mir fühlt sich jetzt schlecht, dass ich hier über ihn lästere.

Sowohl ich als auch er sind hier anonym, aber er würde ausflippen, wenn er es wüsste. Und da würde ich ihm Recht geben. Nett ist das nicht, was ich hier mache.

Keiner liest gern über seine Schwächen. Besonders nicht, wenn deine größte Schwäche ein so dermaßen fragiles Ego ist. In dieser Hinsicht sind er und ich uns gleich, allerdings äußert sich das bei mir eher in krasser Selbstkritik, während er auf andere Menschen losgeht.

Das ist auch nicht nett, aber nun wars schließlich die Fiesheit der anderen noch nie eine Rechtfertigung für eigene Fehltritte.

Bin ich also der Arsch? Teilweise.

Er meldet sich weiterhin. Und teilweise bin ich kurz davor, ihm mal die Meinung zu sagen. Dann fange ich mich aber ganz schnell wieder ein.

Gestern zum Beispiel. Er hat mich auf Telegram gefunden, der Schnellmerker. Vorher hatte er immer nur geSMSt – ja, ich weiß – für die Jüngeren unter euch, das war die Vorform von WhatsApp und Co.

Er war anscheinend der Meinung, ich hätte ihn bei WhatsApp geblockt. Dem war nicht so, ich hatte nur seine Nummer gelöscht. Warum sollte ich die auch behalten? Das habe ich ihm nur nicht explizit gesagt, da ich Angst vor einem neuen Drama hatte. Was? Seine Nummer einfach löschen? Unerhört!!!

Der Herr textet mir also jetzt bei Telegram. Schickte mir irgendeinen Artikel, ich antwortete was. War nicht sonderlich enthusiastisch.

Dann kam eine Sprachnachricht – ohgott, denke ich, schlage mir die Hand vor den Kopf, nicht diese Nummer wieder. Im Sommer hat sich aus dem Instant Messaging und Sprachnachrichten bei uns immer wieder ein dramatisches Stück in mehreren Akten entwickelt.

Sein Mitbewohner fahre am Samstag weg, sagt er.

Aha. Ich sehe, wo das hier hinführt, denke ich. Da braucht einer Gesellschaft.

Ich frage, was mit dem Mitbewohner los ist.

Der sei nur ein paar Wochen weg. Das sei hart im Lockdown.

Ich lese die Nachricht und denke: Tja, endlich mal was, worin ich besser bin als die meisten Menschen. Den Lockdown aushalten. Als introvertierter Mensch mit Vorliebe für lauter Sachen, die man alleine macht, wie Bücher lesen, Gaming und Pullover stricken – ist das alles für mich nicht so schrecklich hart.

(Ja ich weiß, wenn ich das zugebe, darf ich kaum demnächst den Lockdown wieder als Entschuldigung für irgendwas nutzen)

Kann ihm aber jetzt natürlich schlecht schreiben: Sorry – not sorry. Für mich ist es echt ganz cool.

Schließlich will ich ja kein Drama. Und ich will, dass er die Tage nochmal vorbei kommt.

Ich überlegte also noch, was ich sagen soll. Er legte noch einen nach und sagte, er sei heute so unruhig. Ob ich am Samstag schon was vor hätte?

Bitte was? Jetzt wird’s aber so richtig aberwitzig. Will er etwa etwas planen?

Ich erinnere mich noch sehr gut an den Sommer, als er mir sagte, es sei normal bei ihm im Freundeskreis, ausgemachte Verabredungen „sanft“ abzusagen. Sprich, wenn man halt keinen Bock hat, weil man am Abend zuvor Drogen genommen hat oder sich was Besseres bietet, sagt man halt, mmh, ja, bin müde und bam, kein Problem.

Für mich war das aber ein Problem. Vor allem, wenn man mir sagt, ich solle doch mal seine Lage verstehen, dass er als Arbeitsloser halt nicht nur am Wochenende was machen könne und es ihm also egal sei, ob er heute an den See geht oder nicht. Könne er ja auch unter der Woche. Tja, nur ich nicht.

Nach diesem Eklat – alles hier nachzulesen – wollte er dann keine Termine mehr mit mir ausmachen.

Und jetzt fragt er, ob ich Samstag schon was vorhabe? Ich wünschte, ich hätte jetzt etwas geplant. Habe ich aber nicht. Ich habe Haushaltskram zu erledigen und treffe wahrscheinlich eine Freundin zum Spaziergang.

Gerade eben weint er sich bei mir über die Kälte aus. Er überlege, ob es so klug sei, morgen noch das Haus zu verlassen. Wahrscheinlich nicht. Will er mich damit jetzt dazu verleiten, ihm ein Angebot zu machen für ein Treffen am Wochenende? Wartet er darauf, dass ich sage, ich komme vorbei?

Oder bereitet er mich nur darauf vor, dass er nicht kommen will?

Ich sage gar nichts. Am Ende werde ich die Gelegenheit beim Schopfe greifen, wenn er kommen will und mich bis dahin weiter um neue Gelegenheiten mit anderen Menschen kümmern.

Die unausgesprochene Regel bei der Geschichte ist wohl, dass wir uns weiter ab und zu treffen, bis einer von uns was Besseres findet.

Wenn ich mir selbst also die Frage stelle, ob es nicht moralisch verwerflich ist, über ihn zu schreiben – dann verschwende ich zu viel Energie auf jemanden, der schon oft genug bewiesen hat, dass ich hier nicht das einzige Ekelpaket bin.

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