Wenn die Rechnung nicht aufgeht
Es gibt diesen Moment eines Dates, wenn man sich nett unterhalten hat, das Bier oder der Kaffee sind geleert, die Sonne untergegangen, man blickt sich in die Augen…
…und dann kommt die Rechnung.
Oft ist das der Augenblick, in dem die Herren gönnerhaft abwinken: „Lass nur, ich zahle.“ Oder etwas freundlicher formuliert: „Ich lade dich übrigens ein, wenn ich darf.“
Dürfen darfst du viel wenn der Tag lang ist, die Frage ist doch eher warum du meinst, dass du das musst? Oder warum manche Frauen nur „eigentlich“ Gleichberechtigung wollen?
Weil immer noch zu viele Frauen an diesem Ernährer-Bullshit festhalten, deswegen. Und zu viele Männer anscheinend nicht genügend Selbstbewusstsein haben um zu glauben, dass sie noch andere Qualitäten mitbringen, als die Scheine in ihrem Portmonee.
Besonders schön ist es, wenn Männer mit offensichtlich sehr beschränkten finanziellen Möglichkeiten ansagen, dass sie bezahlen, ich das dann aus Prinzip ablehne, aber sie gleichzeitig versuchen, mir ein weiteres Bier auszureden.
Um dann noch ne halbe Stunde über ihr Verhältnis zu Frauen zu monologisieren, während ich verdurste.
Kleiner Tipp: Dein Verhältnis zu mir wird nachhaltig gestört, wenn du mich auf dem Trockenen sitzen lässt, bloß weil du sparen und angeben gleichzeitig willst. Wenn ich sage, ich bezahle mein Zeug, dann tue ich das auch. Und zwar nicht nur, weil du es dir eigentlich nicht leisten kannst. Sondern weil es keinen Grund gibt, dass du bezahlst, bloß weil du einen Penis hast.
Emanzipation nur bis zur Rechnung
Am meisten stört mich jedoch das Selbstbild der Frauen. Denn beim Dating hört die Emanzipation ja auf, nicht wahr?
Ihr könnt arbeiten, ihr könnt eure Rechnung bezahlen, die meisten von euch würden auch ablehnen bis an ihr Lebensende auf Haushalt und Kinder reduziert zu werden, aber wenn der Mann den Kaffee nicht bezahlt, dann ist aber Hüttenzauber.
„Was bildet der sich eigentlich ein? Ist doch nur ein Kaffee, ist doch nicht viel Geld.“
Ja dann bezahl die Scheiße doch selber, du hast sie ja auch getrunken.
Was hat die Tatsache, dass ich keinen Penis habe, mit meiner Fähigkeit zu tun, für meinen eigenen Kaffee zu bezahlen?
Ich meine, die Zeiten in denen ich ohne Erlaubnis des Mannes keinen Job haben durfte, sind doch auch schon längst auf dem BH-Scheiterhaufen der Geschichte verbrannt.
Ich arbeite und verdiene damit Geld. Geld ist zum Bezahlen von Sachen oder Dienstleistungen da.
Oh und nur der Ehrlichkeit halber: Es ist nicht so als hätte ich noch nie angenommen, dass mir jemand mein Bier bezahlt. Ich nenne es: Sexismus-Steuer. (Ok, ist vielleicht nur lustig, wenn man betrunken ist).
Der Glamour-Faktor
Dummbeutel-, also Dumm-Designertäschchen-Publikationen wie Glamour verbreiten immer noch gern den Mythos, dass es ja anders furchtbar wäre. Wo kämen wir nur hin, wenn die Männer nicht auf Ernährer tun könnten?
Die emanzipierte Frau von heute lässt sich zum Abendessen einladen und darf ihm dann eventuell ein Eis spendieren.
So machen es zumindest die Italiener, sagt die Autorin. Und was die machen, kann ja nicht falsch sein, oder?
Versteht mich nicht falsch, ich liebe Italien, die Italiener machen in Sachen Essen, Mode und Leben genießen extrem viel richtig, aber seit wann sind die für Gleichstellung bekannt?
Es könne ja kaum sein, dass man am Ende des Dates seine Rechnung um jeden Cent auseinander dividiere, schreibt die Glamour-Frau.
Da gebe ich ihr Recht – warum nicht ein bisschen Lässigkeit und wir teilen einfach? Nicht, du hast aber eine Cola mehr gehabt und dein Latte war teurer als mein Tee – sondern aha, jeder 10 EUR, fertig.
Das versuche ich immer mal wieder, funktioniert aber nicht immer gut. Der eine oder andere Mann ist schwer verunsichert. „Jetzt hat sie aber einen Euro mehr bezahlt, oder ich sogar 2 Euro mehr?“
Besonders bei Deutschen wächst da die Verwirrung und man kann es den Herren förmlich im Gesicht ansehen, wenn sie einen oder zwei Euro mehr bezahlt haben und es sie wurmt.
Das ist wiederum das andere Extrem des Problems. Wenn ich weiß, dass ein Mann gutes Geld verdient und ihm diese zwei Euro offensichtlich Höllenqualen bereiten, als hätte ich ihm den heißen Kaffee über die Hose gegossen, dann ist das ebenfalls sehr unattraktiv.
Die Männer können an dieser Stelle einfach unheimlich viel falsch machen. Ist nicht einfach, Jungs. Deshalb schreie ich normalerweise dem Kellner immer proaktiv „getrennt, bitte“ entgegen, wenn der mit der Rechnung kommt. Bevor der Mann irgendwas sagen kann. Viele gucken dann erleichtert.
Gern geschehen.
Vielleicht mache ich es damit in den Augen der Männer genauso falsch. Angeblich wollen sie mit dem Bezahlen ja nur eine „nette Geste“ vollführen.
Mag sein. Vielleicht messe ich Geld nicht genügend Wert bei, um das „nett“ finden zu können.
Merk dir doch einfach, dass ich lieber Tee trinke statt Kaffee. Oder frag mich Dinge. Zeig Interesse. Ruf mich an. Sei verlässlich. DAS sind nette Gesten. Und die kosten nicht mal was.
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