Ausweg aus dem Irrgarten

Die Bindungsstile sind stabil, können sich aber verändern, sagt mein Buch. Es gibt Hoffnung für Paare in dieser Konstellation. Das Ding ist, dafür müssen beide an sich arbeiten.

Da geht so einiges, sagt das Buch, wenn es beide wollen. Allerdings – diese Diskrepanz zwischen den Bindungsstilen wird nie ganz weggehen.

Gut immerhin, wenn man weiß, dass keiner von zweien verrückt ist – sondern die Partnerschaft auf einem grundsätzlichen Konflikt fußt.

„Das Gerangel um Intimität ist sehr destruktiv für den nicht-vermeidenden Partner, der immer wieder vom Partner weggestoßen wird.“

„Wenn du mit einem vermeidenden Partner zusammen bist, wirst du immer wieder abgewiesen. Nach einer Weile fängst du an, den Fehler bei dir zu suchen: Mit jemand anderem wäre der Partner sicher anders – du fühlst dich unzureichend und unattraktiv.“

Manche Leute finden einen Weg, mit gegensätzlichen Nähe-Bedürfnissen auszukommen, sagt das Buch. Diese Menschen finden sich damit ab, dass sich manche Dinge nicht ändern werden.

Sie wissen, dass sie entweder einer Sisyphos-Arbeit vollführen müssen, die immer wieder in Enttäuschung endet, oder sie ändern ihre Erwartungen.

„Sie haben den Traum von wirklicher Intimität verabschiedet und einen Weg gefunden, mit der begrenzten Zweisamkeit zu leben. Sie machen Kompromisse. Aber täuscht euch nicht: Der Kompromiss beruht nicht auf Gegenseitigkeit.  Können wir empfehlen, diesen Weg zu gehen? Es kommt darauf an. Wenn du in einer solchen Beziehung steckst und sie, aus welchen Gründen auch immer, nicht aufgeben kannst, ist das der einzige Weg, um zumindest relativ in Frieden zu leben.“

Ob ich nicht einfach mehr so werden könne wie er, habe ich mich fragen lassen? Jaein – denn ist das der Mensch, der ich sein will? In jedem Fall ist es gut für mich, an meinen Mustern zu arbeiten, die Reaktion auf manches Verhalten zu überdenken. Das will ich auf jeden Fall. Allerdings: Nur meinen Frieden damit machen, dass ich den „Traum“ von echter Zweisamkeit aufgebe, das sehe ich nicht kommen. Ich brauche keine Symbiose, wie sie so manches Paar lebt, was ich kenne. Aber immer das Gefühl haben, dass ich auf der Prioritätenliste ganz zum Schluss steht? Dieses „Ja gut, sehen wir uns halt – aber wenn wir uns die nächsten sechs Wochen nicht sehen, stört mich auch nicht“ – das ist halt nichts, was ich will.

Noch ein anderer, ziemlich weiser Mensch namens Michael Singer, Mindfulness-Buddhismus-für-First-World-People-Lehrer, sagte mal: „Wenn dir jetzt gleich der brennende Dornbusch erscheint und du kannst dir alles wünschen, was wünscht du dir dann? Du bekommst was du immer schon wolltest, allerdings musst du wissen – es wird dir dann jeden Tag deines Lebens schlecht gehen. Willst du DAS immer noch?“

Haus, Partner, Karriere, Auto, you name it – würde da irgendjemand ja sagen? Nicht wirklich, oder?

Das ist ein Extrembeispiel und es würde mir vielleicht nicht jeden Tag meines Lebens schlecht gehen, aber die Analogie passt für mich.

Nur einseitige Kompromisse und ein Sich-Abfinden – nein. An mir arbeiten, wenn er auch an sich arbeitet? Ja. Aber man kann niemanden ändern, dass muss die Person selbst wollen. Und er ignoriert mich derzeit wieder. Ich nehme es ihm nicht mal mehr übel, er kann genauso wenig aus seinem Hamsterrad raus wie ich.

Und ich nehme es mir auch nicht mehr übel, dass ich ihm geschrieben habe. Stattdessen denke ich mehr über diesen Satz aus dem Buch darüber nach, was passiert, wenn die Kompromisse einseitig sind:

„Wenn du jedoch in einer relativ frischen Beziehung steckst, raten wir, sehr lange darüber nachzudenken, ob du wirklich so viel aufgeben willst, um mit dieser Person zusammenzusein.“

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