Zwischenzeit, die:

In der Zwischenzeit – und es gab viel davon – ist recht wenig passiert. Die Woche vor meinem Heimaturlaub hörte ich mal wieder nada von ihm.

Kurz vor meiner Abreise schrieb ich ihm noch, es sei schade, dass er sich doch für Ghosting entschieden hätte, ich wünsche ihm alles Gute. Und wollte es damit für mich abschließen.

Nein, er wolle mich nicht ghosten, antwortete er. Aber es sei alles so schwierig. Ich solle erstmal nach Hause fahren.

Ich wollte mit der Nachricht einen Schlussstrich setzen, er versucht es irgendwie einzufangen und sagt….eigentlich nichts? Wenn er Schluss machen wollte, hätte er ja schon längst eine Nachricht geschickt, meinte er mal zu mir. Aha, und ich saß derweil da und überlegte, wie am besten Schluss machen, weil per Nachricht nach ein paar Monaten – das ist unter aller sogenannten Sau (auch wenn man Sauen damit wohl Unrecht tut).

Ich mache mir aber auch das Leben mit meinen moralischen Ansprüchen manchmal echt zu schwer, sagte mir ein Kumpel zu dieser ganzen Misere. So wie der Mann mich behandelte, machte ich mir trotzdem über die Art und Weise des Schlussmachens Gedanken und darüber, wie ich ihm seine Sachen dann noch zukommen lassen würde. Die Reaktion meines Freundes war da nur Kopfschütteln.

Nungut, dachte ich – erstmal nach Hause fahren, Abstand finden. Das tat ich dann auch und war zwei Wochen bei meiner Familie. Funktstille.

Ich frage ihn kurz vor der Rückkehr noch, was jetzt Phase sei – er hat mir zum Beispiel nie eine Rückmeldung gegeben zu meinen ganzen schriftlichen Ergüssen hier.

Er sei quasi gekündigt worden, ich solle nachsichtig mit ihm sein, sagt er mir. Nachsichtig bin ich jetzt seit, weiß nicht, zwei Monaten? Aber gut, ich bedaure seine Situation.

An den Heimaturlaub schloss sich noch eine Arbeitsveranstaltung an – von der ich erstmal coronapositiv wieder nach Berlin kam.

Das wusste ich allerdings noch nicht, als er mich kurz nach meiner Rückkehr anruft und fragt, ob ich mit auf ein Konzert wolle? So in drei Stunden? Nein, sage ich, bisschen spontan jetzt ich bin gerade erst angekommen und ziemlich kaputt.

Nach dem Konzert ruft er mich an, anscheinend ist ihm der Sex-Mangel der letzten Monate dann doch aufgefallen. Er könne doch noch vorbeikommen? Aber reden könne er nicht über das Problem, dafür gehe es ihm jetzt echt zu schlecht.

Dann könne er eben nicht vorbeikommen, sage ich ihm – was für eine Dreistigkeit bitte, mir nach all dem Scheiß der letzten Wochen und Monate jetzt mit „Ficken?“ zu kommen?! No way, Jose.

Ja aber der Job und es geht ihm doch so schlecht? Und mir scheint die Sonne aus dem Arsch nach dem ganzen Theater, oder was?

Das ist am Freitagabend, am Samstag hätte ich theoretisch Zeit aber da bemüht er sich wieder nicht um ein Treffen (er weiß ja, dass ich dann mal reden wollen würde).

Sonntag gehen bei mir die Symptome los. Er meldet sich, er sorgt sich etc……wir spielen ein, zwei Mal online was. Das ist nett, aber gefühlt will er dafür einen Orden haben, dass er jetzt mit mir redet?

Als die Symptome aufhören nach ein paar Tagen, bin ich immer noch positiv, insgesamt elf Tage lang. Ich bin frustriert, würde ihn dann doch gern treffen, bevor er zu einer Messe fährt für ein paar Tage.

Treffen? Ja selbst wenn ich negativ teste, das wäre ihm doch zu heikel jetzt, auf die Messe freue er sich schon seit Wochen, sagt er. Achso, und auf Sex mit mir anscheinend nicht. Wie war das noch mit meinen Beschwerden über seine Prioritäten?

Egal, meine Tests sind weiter positiv, er fährt zur Messe.

Mittlerweile ist es Anfang Oktober. Er kommt wieder und es ist wie immer – irgendwas ist immer. Viel Zeit sieht anders aus und es geht ihm immer noch schlecht. Reden, das ist immer noch zu viel verlangt. Wir treffen uns EIN Mal und reden nicht über das Ganze und es ist nett, aber so richtig, naja, es ist halt nicht mehr wie zuvor. Logisch, würde man denken, oder?

Danach höre ich ein paar Tage wieder nichts von ihm. JETZT aber reden, sage ich ihm. WAS? Worüber? Er ist erstaunt.

Puhhh……er dachte irgendwie, dass wir das alles jetzt unter den Teppich kehren und zum normalen Tagesablauf übergehen? Ich bin konsterniert, erkläre ihm nochmal, worum es mir geht, er kommt zum Reden.

Das mit dem Job ist scheiße. Aber shit happens. Was passiert, wenn es mir mal schlecht geht und dir auch? Also ich brauche dich, aber du hast Probleme im Job? Sowas hat nicht immer das beste Timing. Bist du dann auch einfach mal zwei Monate AWOL, habe ich ihn gefragt. Mir fehlt mittlerweile komplett das Vertrauen in ihn und seine Verlässlichkeit, sage ich.

Dann sei „das hier“ ja „hoffentlich so gefestigt“, dass das nicht mehr vorkäme, sagte er da.

Hoffentlich? Und wovon festigen sich denn zwischenmenschliche Beziehungen? Erstaunlicherweise nicht vom Nichtstun. Da sind wir wieder am Anfangsproblem, dass ich etwas mehr das Gefühl bekommen müsste, dass ihm das hier wichtig ist? Dass er ab und an mal zu Wochenanfang mit mir was fürs Wochenende plant? Dass ich nicht immer so zwischen seine Termine geschoben werde und spontan springen soll?

Wenn ich wiederkomme, würde das auch wieder besser mit dem Sich-Melden usw., sagte er mir.

Aber eine Strategie überlegen – wie wir mit solchen Situationen wie zuletzt umgehen können – das wolle er jetzt nicht. Wir seien ja nicht in der Situation, im Moment. Das würde ja nur unsere „authentischen“ Reaktionen verändern. Genau das sei meine Absicht, sage ich – wenn wir das beide wollten, dann müssten wir beide an Dingen arbeiten? Authentisch hat nicht funktioniert.

Nope, er sieht das nicht so.

Ob er sich denn ein bisschen darin widerfindet, in dem, was ich ihm haarklein aufgeschrieben habe zu dem Muster, das wir gerade immer durchspielen? Ja schon, aber auch nicht in allem.

Ok, sage ich – ja ist schließlich alles nur ne Theorie. Wo würde er meine Einschätzung denn nicht teilen? Wäre doch gut zu wissen für mich?

Nope, das wisse er jetzt nicht mehr so genau. Er sei aber doch jetzt hier, um der Diskussion nicht aus dem Weg zu gehen. Aber sich da genauer mit auseinanderzusetzen, das ginge auch nicht. Es geht ihm schließlich miserabel.

Mmh, ja ok – das Ding ist halt – das geht jetzt schon seit Monaten so. Und fing an, bevor es mit dem Job scheiße wurde. DA ging es mir miserabel und er hat mich wochenlang an die Seite gelegt.

Ich will seine Krise nicht kleinreden, aber die Bemühungen sind nach wie vor minimal. Die Besserung, dass er jetzt überhaupt mit mir redet – soll ich ihm da jetzt Blumen für schenken?

Die Diskussion hat ihn jetzt müde gemacht, er geht am frühen Sonntagabend wieder. Nur Sex und sich dann nicht melden, das geht so nicht, hatte ich ihm vorher gesagt. Deswegen wolle er mir jetzt zeigen, dass es ihm nicht nur darum geht, sagt er. Er geht also, kein Sex, aber auch kein Kuscheln, keine Nähe. Ist ja schließlich müde jetzt. 

Nein, an seinem Geburtstag in zwei Tagen wolle er mich nicht sehen. Danach fährt er für die Noch-Arbeit weg. Danach fahre ich in Urlaub.

Wenn er jetzt noch was kitten wolle, würde das mehr Zeit, mehr Nähe, mehr Zweisamkeit erfordern, hatte ich schon vor Wochen gesagt. Eine Form von Bemühung? Gib mir einen Grund, um es weiter zu versuchen, wenn du es weiter versuchen willst? Naja, er wolle sich das jetzt „weiter angucken“.

Ich bin echt nicht der Typ für schnulzige Liebesbekundungen und große Gesten aber „sich das weiter angucken“ ist einfach – too little, too late.

Er geht. Ich rauche.

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