Happy Birthday to me!
So langsam komme ich in das Alter, in dem ich Geburtstage nicht mehr NUR angenehm finde. Aber, man kann sie sich ja angenehm machen, richtig? Oder, MAN(N) könnte…
Meinen kürzlichen Geburtstag hielt ich für die perfekte Gelegenheit, um zu testen, ob sich an dieser „Beziehung“ noch irgendetwas retten lässt.
Und nein, das habe ich dem Mann nicht gesagt. Normalerweise ein Verhalten (das ich leider zu häufig bei Geschlechtsgenossinnen sehe) und mich abnervt. Erwarten, dass der andere einfach dieses oder jenes tut.
Nicht nur Männer, Menschen, generell, können meist keine Gedanken lesen.
Aber im aktuellen Fall, nun, ich hatte mir den Mund ja schon so fusselig geredet, bis ich mich selbst nicht mehr reden hören konnte.
Der Mann hatte lange versucht, die Problemgespräche zu vermeiden und ich hatte darauf gedrängt, also auf Gespräche. Mittlerweile, da hatte ich dann halt keine Lust mehr auf Problemgespräche. Ich hab alles gesagt, ich hab alles versucht, was soll da noch bleiben?
Nun, Geburtstag it is. Der besagte Tag, er fiel auf einen Montag. Am Donnerstag davor sah ich den Mann zum ersten Mal nach meinem Urlaub, also, nach vier Wochen etwa. Oder fünf.
Ob er am Montag tagsüber Zeit habe, ich würde mir frei nehmen, frage ich ihn.
Da habe er einen wichtigen Arzttermin, sagt er. Ob ich noch mehr freie Tage hätte? Was sei denn am Montag los?
Ich zitiere ihm die Eselsbrücke für meinen Geburtstag und er kommt drauf. Ohhhhh, right, ja da würde er mal schauen, ob er das einrichten könne.
Einrichten? Again, ich sollte da nicht drauf rumreiten, aber er arbeitet ja nicht? Was genau ist da also einzurichten?
Gut, der Arzttermin ist um 14 Uhr und man könne ja vorher nett frühstücken irgendwo?
MMh, ne ganz schlecht, er sei nervös wegen des Arzttermins. Eh, ok, denke ich und überlege lange, ob ich mir dann überhaupt frei nehme. Arzttermine haben schließlich die Angewohnheit, auch mal länger dauern zu können.
Am Ende, meine lieben Kollegen sind schon dabei alles umzuschichten, damit ich frei nehmen kann, also tue ich das auch. Mach ich mir halt einen schönen Tag und brunche irgendwie allein auf der Couch, denke ich. Am Wochenende schlage ich dem Mann für Montag noch Tapas-Essen vor bei Restaurant XY, oder ob er ein besseres kennen würde?
Kenne er nicht – oh und übernachten bei mir, das könnte auch schwierig werden übrigens. Er habe auch Dienstagmorgen noch einen frühen Arzttermin.
Ich bin zwar fest entschlossen, mir unter allen Umständen einen schönen Tag zu machen, aber das finde ich doch irgendwie suboptimal. Denn am liebsten würde ich die Nacht vor, den Tag und die Nacht nach meinem Geburtstag so überhaupt nicht alleine verbringen.
Außerdem, wir hatten das X-mal, Thema Bemühung – der Mann könnte mir ja den Gefallen tun und einfach 1 Mal sehr früh aufstehen? Ist nicht schön, aber angeblich nicht tödlich?
Gut, denke ich mir, machen wir es ihm einfacher. Und wenn ich einfach zu dir komme, frage ich ihn? Dann müsste er nicht so weit fahren morgens. Er müsste nur bitte ein wenig heizen dann – denn das tut er ja bekanntlich nicht, wie HIER beschrieben.
Ja ne, da würde ich ja doch nur frieren, sagt er. Er käme lieber hierhin.
Vorher war es ein Riesenproblem hierhin zu kommen mit dem Rad und die Temperatur in meiner Wohnung so grässlich, pure Folter, aber er kommt lieber?
Okay, then. Ich willige ein und warte ob der Dinge, die da kommen.
Denn irgendwas sollte da kommen, richtig? Ich hatte mir für den Geburtstag vom Mann jedenfalls einiges überlegt. Die Geschenke sorgfältig geplant, Kuchenrezepte angeschaut, überlegt was er sonst essen wollen würde etc…
Man soll nicht von sich auf andere schließen, allerdings.
Den Abend vor dem Geburtstag gehe ich spät ins Bett, der Mann schickt einen Happy-Birthday-Text nach Mitternacht. Ich antworte morgens um 6, als ich zufällig aufwache. Dann drehe ich mich allerdings um und schlafe weiter, denn ich hab ja frei.
Er antwortet gegen neun, dass es ja nicht so sei, dass er mich nicht sehen wolle, aber er sei halt nervös und überhaupt. Ich könne doch in seinen Teil der Stadt kommen und wir essen da was, vor seinem Termin?
Hätte ich gekonnt, hätte ich das vorher gewusst. Als ich gegen elf Uhr aufwache ist es dann etwas spät, um zu duschen, mich fertig zu machen, über eine Stunde dahin zu gurken, wenn er um 14 Uhr beim Arzt sein muss.
Das sage ich ihm und das ich dann erstmal in Ruhe frühstücke – meld dich, wenn du fertig bist, sage ich ihm.
Nungut, ich bestelle mir am Ende ein brunch-mäßiges Essen, das superspät ankommt. Lese ein Buch, zocke ein wenig und stopfe mich voll – kein schlechter Vor(Mittag).
Der Mann meldet sich so gegen 15.20 Uhr ja das habe länger gedauert und ob er mich jetzt auf Ramen einladen dürfe?
Ich bin erstmal überrumpelt, Moment, soll ich jetzt um 16 Uhr Abendessen oder wie? Und irgendwie hatte ich doch Tapas vorgeschlagen? Ramen gehen schon, sind allerdings in ohne Fleisch und Fisch für mich als Vegetarierin nicht immer so aufregend.
Ja Ramen ginge aber auch, sage ich, allerdings sei es noch so früh und ich hab spät gefrühstückt, ob er nicht erstmal kommen wolle?
Ja also er hat jetzt richtig doll Hunger da müsse er sich was kaufen, sagt er entnervt.
Ich bleibe auf der Couch sitzen und wundere mich. Gegen 17 Uhr kommt er bei mir an, noch entnervter.
„Herzlichen Glückwunsch. Puh, heute ist echt nicht mein Tag“, sagt er und reicht mir meine Geschenke – und eine Tiefkühlpizza.
Ich schaue ihn an, ich schaue die Pizza an – Moment, was ist denn mit Abendessen gehen? Willst du nicht erstmal eine Kleinigkeit essen?
Wenn ich bedenke, dass er vor anderthalb Stunden schon SO hungrig war, da hätte ich mir an seiner Stelle irgendwo ein Brötchen gekauft und mit frühem Abendessen geplant.
Nein, JETZT sei wirklich zu spät für ihn, er müsse was Richtiges essen.
Die Sache scheint entschieden für ihn.
Ich schiebe die Pizza in den Ofen und schlucke ein, zwei Mal alles runter, was mir dazu einfällt. Große Romantik ist nach wie vor überbewertet, aber…..
Gut, ich öffne die Geschenke. Well, eines davon ist nicht eingepackt (aber ich hatte seine Sachen am Ende auch nicht mehr eingepackt, sondern in einem Anfall der Verzweiflung auch nur in eine Geschenktüte gepackt).
Es ist ein T-Shirt mit einem durchaus niedlichen Motiv. Das hätte er schon gewaschen, es habe etwas nach Sweatshop in Fernost gerochen, sagt er. Aha, ok, denke ich, aber es ist aus Baumwolle? Wieso soll das nach Plastik gerochen haben? Ich ziehe es aber sogleich an. Die Größe – XL – ist doch ein bisschen weit. Man könnte auch sagen, es ist ein ganzes Kleid für mich.
Ob es mir gefällt, fragt er? Ich bejahe. Prima, sagt er, er habe das gleiche Shirt. Und es dauert ein bisschen, aber irgendwann danach frage ich mich, ob Größe XL, also ob das nicht einfach sein T-Shirt war?
Dazu packe ich dann noch aus: Ein kleines Karten/Gesellschaftsspiel von Marc-Uwe Kling, dem Känguru-Autoren, falls euch das was sagt. Dazu das passende Känguru-Comic.
Und ich mag das Känguru, es ist witzig. Und ich HASSE, dass ich jetzt DIESE Tussi bin, aber…..here we go…..Ich frage mich schon, ob er da jetzt auch nur einen Gedanken drauf verschwendet hat? Ich mag Brettspiele, wir können das zusammen spielen, ja. Aber ich habe zero Verbindung zum Känguru. Er kennt und teilt hingegen viele meiner Interessen und es dürfte eigentlich super leicht sein, etwas zu finden, das in die Richtung geht: „Hatte gedacht, das könnte dir gefallen?“
Wirklich super easy. Man müsste quasi zwei bis drei Wörter suchmaschinieren, zack kommen da Ergebnisse bei raus. Ich würde übrigens nie mäkeln, wenn etwas nicht GENAU das ist, was ich wollte.
So wie na gut, jemand war im Buchladen und hat einen Science-Fiction-Roman geholt, ich würde den Teufel tun, darüber zu meckern. Aber das wäre halt eine Form von drüber nachdenken, was der anderen Person gefallen könnte. Und darum geht es schließlich am Ende.
Es ist die Geste, die zählt. So wie, nur jetzt ein absurdes Fantasiekonstrukt, aber man hätte von Sonntag auf Montag für mich die Bude heizen können und Frühstück machen. Für abends einen Tisch reservieren und irgendwo ein paar Blümchen kaufen. Einen Kuchen backen (und ja, das kann er).
Stattdessen stellt sich nun heraus, dass die gemeinsame Zeit noch viel kürzer ausfällt als zuvor angenommen. Er muss bis spätestens 21 Uhr zu einer Apotheke am anderen Ende der Stadt, um die neuen Medikamente zu holen, die er heute verschrieben bekommen hat. Die andere Apotheke hätte die erst morgen früh gehabt und das ginge ja nicht, sagt er.
JETZT schlucke ich erst recht, denn…..wow, einfach wow. Es gibt nicht nur keine Übernachtungsaktion, kein Abendessen, keinen Kuchen, kein durchdachtes Präsent, sondern ich bin einfach dann komplett allein? An meinem scheiß Geburtstag?
Die Erkenntnis trifft mich wie ein Känguru-Tritt in die Magengrube, ich atme erstmal durch und schenke mir selbst einen Prosecco ein. Auf mich, I guess.
Er isst seine Pizza, wir schauen eine Quizsendung und trinken etwas, unterhalten uns etwas. Er versucht noch, etwas Körperkontakt zu initiieren, beschwert sich, dass ich außergewöhnlich teilnahmslos bin.
Das bin ich, weil ich versuche, nicht loszuheulen oder zu meckern. Aber was soll ich tun? Ich will keine Diskussion anfangen – und will ich Schluss machen? Ich fühle mich so als will ich das, aber wäre das nicht, keine Ahnung, ein schlechter Zeitpunkt? Für die Sache mit den Medikamenten kann er ja eigentlich nichts.
Andererseits, ich bin vielleicht zu hart, aber ich hätte für eine NICHT-AKUTE Erkrankung halt die 12 Stunden bis zum nächsten Morgen gewartet?
Der Arzt wolle ihn eine Woche später sehen und wissen, wie er das vertrage, sagte er. Ja gut, da kann man wohl nichts machen, denke ich und schlucke die Tränen wieder weg. Ist egoistisch von mir, jetzt enttäuscht zu sein, oder?
Dann ist es auch schon 20.20 Uhr und er muss los.
Ich bin sowohl niedergeschmettert als auch erleichtert. Niedergeschmettert, weil ich den Abend allein verbringe. Erleichtert, weil ich endlich nach Herzenslust heulen kann, sobald er aus der Tür ist.
Happy Birthday to me.
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