Quarantäne-Spaziergang: Was würde Gretchen dazu sagen?

Früher hat man sein Date nach den theologischen Ansichten gefragt, aber das ist out.

Jetzt fragt man: Wie hälst du’s mit der Quarantäne?

Die Quarantäne schreitet vor sich hin. Lustlos. Ereignislos. Ergebnislos. Da wird alles interessanterhiker-1984421_1920, was den Trott durchbricht. Also was muss her? Genau, ein Spaziergangs-Date.

Corona-konform und aufregend. Leichter gesagt als getan. Und was macht man dann mit so einem Date, wenn man eins hat? Die Gretchen-Frage in Corona-Zeiten….

Vor Ostern hatte ich einen neuen Versuch gestartet. Mit dem vielversprechendsten Kandidaten. Ich habe halt einen soft Spot für Intellektuelle, auch wenn die nicht immer ganz pflegeleicht sind.

Vielleicht auch einen soft Spot im Hirn, muss man dazu sagen.

Nun, der Herr hat die Konversation immer irgendwie aufrecht erhalten, aber war nie so ganz anwesend. Vor Ostern dann aber fragte er, ob ich denn über die Feiertage in Berlin sei.

Yes! Bin ich.

Wo sollte ich beim allgemeinen Besuchsverbot auch sonst sein?!

Ich dachte natürlich, er wollte ein Date.

„Ja bin ich, und du so?“

„Ja, bin ich auch. Und wie hälst du es so mit der Isolation?“, fragte er mich.

Da war sie! Die Gretchen-Frage in Corona-Zeiten.

Ein Date, ein Date! Geht es bei mir im Kopf so….

„Ich hab mich ein, zwei Mal mit ner Freundin auf nen Spaziergang getroffen, war also ganz artig. Aber ja, ich würde mich auf einen Spaziergang oder etwas im Park sitzen durchaus einlassen. Das ist doch erlaubt, oder?“

Ich strahle vor mich hin. Warte auf die Einladung.

So sicher sei er sich da nicht, was erlaubt sei oder nicht. Wir diskutieren so vor uns hin.

Ist halt Berlin, ne? Man darf sich kurz auf der Decke ausruhen. Was zum Teufel ist denn kurz? Woran messen die das? An der Lebenszeit der DDR?

Nun gut, keiner ist sich so recht sicher was man jetzt darf. Aber ich mache deutlich, ich will spazieren.

„Naja, dann noch ein schönes Wochenende wünsche ich dir. Tschüß.“

Tschüß????

Wie eine Freundin sagte: Ist der hohl oder was?

Nun schützen akademische Titel ja bekanntlich eher nicht vor dem Hohlsein, aber ich wollte die Option doch eher ausschließen.

Also, selbst ist die Frau.

Die Zweifel an dem, was erlaubt ist, lassen ja durchaus Raum für ein Treffen, oder?

Stille. Fünf Tage. Oder so.

Gut, denke ich mir. Will er halt nicht. Komisch zwar, weil warum dann überhaupt mit mir reden? Wenn ich nicht will, sage ich halt nichts. Aber das ist nur meine altmodische Idee von der Sache.

Dann kommt die Entwarnung. Er würde sehr gern spazieren gehen.

AHA. Gut, wir machen endlich was aus.

Ich brezel mich stundenlang zurecht zum lustwandeln. (Ja, ich bin nach wie vor kein Fan vom Zauberberg, aber dieses Wort lässt mich nicht mehr los)

Endlich, der Moment, man trifft sich. Er lächelt – ok, gutes Zeichen, I guess.

Ist vielleicht n bisschen …..naja, so n bisschen Aufwand könnte n Mann auch treiben für ein Date. So Haare waschen oder so. Aber ist ja nicht das Wichtigste jetzt.

Man spaziert. Man unterhält sich.

Irgendwie schaut er mich nicht an. Gut, beim spazierengehen schwierig vielleicht? Bin ich zu viel aufgebrezelt? Hab ich was im Gesicht? Hat sich mein Gesicht irgendwie verändert seit dem letzten Foto?

Man nimmt Platz auf ner Bank.

Irgendwie schaut er mich immer noch nicht an.

Er schaut nach vorn und redet. Ich sitze zur linken Seite.

Gar nicht so einfach mit der Konversation so. Er schaut nach vorn.

Ich versuche, Sachen zu erfragen.

Bist du zum studieren nach Berlin gekommen eigentlich?

Nein.

Aha, DA hast du gewohnt? Wie kam’s, das du ins Ausland gegangen bist?

Ja, er hatte ein Jobangebot.

AHA. Ok. Sharing is caring. Da cared einer eher weniger.

Es wird kalt.

Wir spazieren zurück.

Er wolle dann mal wieder zum Ausgangspunkt – ich solle mal gut nach Hause kommen.

Ok.

Ich schaue nach vorn.

„Ah, sometimes I grow so tired. But I know I’ve got one thing I got to do. Ramble on. And now’s the time. The time is now.“  

Und zurück zur Quarantäne. Ereignisfrei.

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