Quarantäne-Stalking: Return der Ex’en

amateur-1239387_1280Was machen die Leute eigentlich so in der Quarantäne? Genau, ihre Ex’en anrufen. In geballter Form. Kann man machen. Also bei manchen.

Wann ist das aber eine schlechte Idee? Wenn man wegen Stalkings nur haarscharf einer einstweiligen Verfügung zum Abstandhalten entgangen ist? Könnte ein Hinweis sein, dass es keine gute Idee ist, nochmal an die Tür zu klopfen.

Aber alles der Reihe nach. Der Auflauf der Männer, die anscheinend in purer Verzweiflung zuletzt meine Telefonnummer hervorgekramt haben, ging schon vorher los. Mit einem neuen Facebook-Bild.

Er habe vergessen, wie schön ich bin. Ach, eigentlich sei ich jetzt noch viel schöner als damals. (Gut, hört man dann doch gern)

Er war ein dummer Junge damals, ich war so nett zu ihm.

Ich weiß. Sowas Nettes findste nie wieder.

Und kannst du mir als eeeeetwas weniger dummer Mann dann das Geld zurückzahlen, dass du mir noch schuldest?

Stille.

Er würde mich gern ausführen.

Von was denn? Von meinem Geld?

Das sei brutal von mir, sagt er.

Immerhin gut für n Lacher, das ist er.

Nach dem Lachanfall kann ich schlecht einschlafen, es ist mittlerweile nach zwölf. Da sehe ich, es blinkt was in den Facebook-Nachrichten von Menschen, die man nicht kennt. Gut, ich gucke rein.

„Du könntest meinem Papa die Daumen drücken.“

Wie lang ist das her? 13-14 Jahre etwa?

Das Gesicht, das mich da anstarrt, ist älter, verquollen, immer noch schlecht frisiert, aber keine Frage. Der Stalker.

Jetzt sitz ich aufrecht im Bett.

Erinnerungen daran, wie ich anfange, bei jedem Telefonklingeln zu schreien. Wie er versucht, meine Tür aufzubrechen. Mir 50 SMS am Tag schreibt, in denen unter anderem steht, ich sei tot für ihn.

(Ja, SMS waren damals noch das Ding. Nicht auszudenken, hätte es schon Whatsapp gegeben. Gut, dann wäre Blockieren leicht gewesen.)

Nun, es scheint, der Vater vom Stalker hat Corona. Mein Gott, der war damals schon alt. Also über 70? Ich überlege. Hab den eh nie gemocht. Kauziger alter Mann, der mir erzählen wollte, ich sollte seinen Sohn nicht abschießen, das mit dem Fremdgehen läge in der Natur des Mannes.

Eh…..danke für diesen Beitrag, Alter, aber nein, einfach nein.

Wünsch ihm jetzt nichts Schlechtes, aber ist nicht so als hätten wir so ein gutes Verhältnis gehabt, dass ich dem alten Mann einen Blumenstrauß schicken müsste, bevor er abnippelt. Wie alt war der noch gleich?

Aha, ich werde informiert. Die nächste Nachricht ist ein Video, auf dem ich eine Wiese sehe und der Stalker spricht.

„Hallo Papa, ich weiß, dir geht es nicht gut, aber schön, dass du mit 83 auch in der digitalen Welt angekommen bist.“

Er spricht wirr, abgehackt, schnaufend. Wie früher, wenn er auf dem Weg zur Arbeit hinter mir her lief.

Ich stelle das Video aus. Was geht mich das an, zur Hölle?

Ich bin wütend, dass er mir das überhaupt aufzwingt. Ich interessiere mich einen Scheißdreck für ihn und seine kranke Familie. Wie kommt man auf die Idee, dass ich das nicht täte, nach gut und gerne 14 (!) Jahren?

Jetzt ist mit schlafen erstmal vorbei und ich überlege noch, ob ich gleich wieder aufstehen soll.

Da klingelt es wieder. Whatsapp. Unbekannte Nummer.

Ob ich die Marla sei?

Wer ist denn da?

Der Dingens.

Sagt mir jetzt nichts.

Er teile sich ein Tinder-Profil mit dem Dengens.

Sagt mir auch nichts.

Er schickt mir ein Foto von sich.

AH! Ich hatte mal ein Date mit ihm.

War nicht berauschend, seit Jahren nichts von ihm gehört.

Er kann mich wohl nicht mehr zuordnen und war in seinem Telefonbuch auf der Suche nach dem nächsten Date.

„Die Marla? Die kenn ich net, musste dich vertan haben, das ist nicht ihre Nummer.“

 

Ich stelle fest: Im Vergleich zu vielen anderen Leuten kann ich doch sehr gut allein sein. Sowohl im Quarantäne-, als auch im Single-Sinne. Ich bette mein ach so schönes Haupt aufs Kissen und schlafe wie ein Baby.

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