Reise-Lust: Kiwi-Rom-Com

Die Woche bis zum Abflug fühle ich mich ein bisschen so wie ein Kind, das auf Weihnachten wartet. Zerdenke aber auch immer mal wieder. Und muss mich erinnern, einfach im Jetzt zu leben.

Nicht meine große Stärke. Aber ich bin ja nicht nur auf dieser Reise, um mit dem Kopf in den Wolken……sondern hab auch coole Sachen zu tun und anzuschauen.

Dann ist der Tag des Abflugs endlich da und es wird haarig. Ich Vollpfosten habe gespart und keinen Direktflug gebucht, aber Flug eins hat Verspätung. 

Die Umsteige-Verbindung wird ganz schön knapp. Ich schwitze also Blut und Wasser auf dem gut dreistündigen Flug nach Sydney, da ich wirklich wirklich nicht erst am Tag ankommen will.

Die Zeit ist eh schon nicht sooo üppig bemessen. Als wir dann endlich landen, erlöst mich die Durchsage, dass sich alle mit dieser Umsteige-Verbindung versammeln sollen und sie uns fix zum nächsten Flugzeug bringen. 

Kurzzeitig denke ich noch, ich verliere die Truppe auf dem Run durch den Flughafen, da mein Pass sich einfach nicht scannen lassen will (von wegen deutsche Qualitätsarbeit), doch dann ist alles gut und ich sitze im Flieger.

Klarer Puhhh-Moment. 

Nach der Landung kurzer Abstecher aufs Klo, fünf Lagen Klamotten ausziehen, Make-Up richten. Er wartet an der Gepäckausgabe auf mich, ich versuche nicht zu rennen wie so ein Trottel.

Auf dem Weg zum Auto frage ich mich kurz, ob sich das jetzt komisch anfühlen wird. Ist er immer noch schüchtern? Dann sitzen wir im Auto, er greift hinter sich, ich höre ein bekanntes Geräusch – er hat mir ein Bier mitgebracht (von der Marke, die ich vor ein paar Wochen bei ihm getrunken habe). 

Mag albern sein, aber ich bin ganz schön gerührt und falle ihm kurz um den Hals. Jo, das wird schon.

Er bringt uns zu einem Restaurant mit vegetarischem Angebot und dann zu sich nach Hause. 

Auf der Arbeit hat er Bescheid gesagt, er kommt erst Donnerstag wieder. 

Wie bitte? Na das hätte er mir nicht antun wollen, dass ich hier alleine rumhänge? 

Ich bin sprachlos, das hatte ich eigentlich nicht erwartet. Denn er kann zwar frei nehmen, aber wird dann halt auch nicht bezahlt? 

Am Tag drauf fahren wir auswärts frühstücken und er zeigt mir die Stelle am Fluss, von wo er mir vorher das Video geschickt hatte. Da ist allerdings nix los (was machen die Australier nur bei dem schönen Wetter die ganze Zeit? Drinnen sitzen mit Aircon?).

Das machen wir dann jedenfalls auch, schauen eine Serie, ein paar Youtube-Videos – mein liebstes davon über einen Neuseeländer, der seiner Freundin einen kleinen Affen aus dem Zoo stehlen wollte und sich dabei nicht nur ein Bein brach, sondern auch drei Jahre in den Knast wanderte. Die Frau war danach weg und er gewinnt sie mit alberner Gesangseinlage zurück.

Neuseeländische Rom-Com.

Später sitzen wir im Pub und erzählt was über Beziehungsthemen: Ja diese Intimität und Verbindung und so, das fehle ihm schon.

Wir, wir hätten ja eine gute Verbindung im Schlafzimmer. 

Was ich denke: 1. Gut ist ein Understatement. 

  2. Nur im Schlafzimmer? 

Was ich tue? Die Klappe halten und mein Bier exen.

Wie es denn mit Strand ausschaue, frage ich am nächsten Tag. In der Stadt nicht gut, sagt er, aber wir könnten wieder dahin fahren, wo wir vor drei Wochen den Ausflug hin gemacht hatten? Eigentlich könnten wir dann da direkt ein Zimmer nehmen und da bleiben, sagt er und bucht.

WAS er allerdings bucht, mein lieber Herr Brieftaubenzüchterverband – schickes Apartment im 48. Stock mit Aussicht auf den Strand. Kann man nicht meckern. Ähnlich wie die Tatsache, dass er sich frei genommen hat, mehr als ich erwartet hatte. 

Vollständig von den Flip-Flops haut es mich dann, als wir einkaufen gehen. 

Lass ma am Strand langlaufen, sagt er, stapft vorweg und nachdem ich ihn eingeholt hab – nimmt er meine Hand? 

Das ist der Moment, in dem ich mich doch frage, ob ich bei versteckte Kamera gelandet bin? 

Nein, eigentlich bin ich weniger cool, sondern kriege, ehem…..also, bisschen Herzklopfen? 

Nachdem wir aufs Zimmer zurück gekehrt sind, drückt er die Stimmung dann wieder etwas, indem er sich darüber aufregt, dass der Fernseher kaputt ist. Lol. Keine versteckte Kamera. Real Life.

Wir gehen also nochmal zum Strand und trinken ein paar Bier. 

Auch wenn er etwas getrunken hat, habe ich das Gefühl, dass er sich den Vorschlag, der dann folgte, schon vorher überlegt hat: Ob er nicht nach Neuseeland kommen sollte, wenn ich wieder drüben bin? Er könnte seine Mutter besuchen und ihr Wohnmobil leihen, das nutze sie eh zu wenig. Und dann mit mir rumfahren? Vielleicht so für eine Woche? 

Ich glaub ich starre ihn an, als hätte er gesagt, er sei von Aliens entführt worden. WIE BITTE? 

Irgendwie war mir der Gedanke auch im Kopf rumgespukt, wobei ich nicht mal weiß, ob ich mich getraut hätte, zu fragen. Wahrscheinlich hätte ich ihm zum Abschied gesagt, er könne sich ja mal überlegen, ob er nicht nochmal vorbei kommen wolle? 

Damit hatte ich allerdings nicht gerechnet.

Also, wenn ich auch wolle, dass er rüber kommt, hakt er nach. UmdenHalsfallGeräusch.

Du lachst so tief aus dem Bauch heraus, wenn du dich freust, sagt er – das ist so süß.

Später am Abend bucht er dann auch den Flug – zu einem ähnlichen Preis wie ich, gute 1.000 australische Dollar. Ich bin ziemlich selig.

Aber es kommt ja noch ein Tag.

Wir checken aus und fahren nach Seaworld – Sonnenschein und Achterbahnen gehören definitiv zu den besten Dingen auf der Welt. 

Auch hier nimmt er zwischendurch meine Hand. 

Allein davon bin ich schon ziemlich high und warm ist mir eh aber komplett schmelzen könnte ich vor dem Becken der Baby-Pinguine. Ich mache “oh wie niedlich”-Geräusche, er dreht sich zu mir um:

Soll ich dir einen Baby-Pinguin klauen? 

In dem Moment finde ich ihn niedlicher als die Pinguine, aber frage nur, ob er in den Knast wolle? Nein, auch das Bein brechen würde er sich ungern. 

Hätten wir das geklärt.

Ich sei ja schon irgendwie crazy, ihn so zu besuchen, meint er. Aber jetzt sei er vielleicht der Verrückte, weil er nach Neuseeland fliege. 

Ob er seine Entscheidung bereue? Nein. 

Auf der Rückfahrt zum Flughafen fragt er mich, ob das eine gute Entscheidung gewesen sei, zu kommen und betont, dass er echt gern Zeit mit mir verbringt. 

Ja war es – und ich verbringe gern Zeit mit ihm, sage ich. 

Später am Abend schreibt er mir, er sei immer noch high von unserer gemeinsamen Zeit.

Ich auch – allerdings schwant mir schon, dass das Herunterkommen nach dem Hoch echt beschissen wird.

Denn am Ende ist das das echte Leben – und keine Rom-Com. 

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