Reise-Lust: Lernunfähig 

Was das Reisen angeht, bin ich ein Glückspilz. Viel rumgekommen, viel gelernt. Aber manche Lektionen kommen bei mir nur in einer Fremdsprache an, die ich nicht beherrsche.

Nach meinem Trip in die Stadt, die ich eigentlich gar nicht hätte sehen wollen, war dann Selbstbeherrschung angesagt. Schön weitermachen, NICHT dem Mann schreiben.

Denn trotz des ziemlich coolen Urlaubsprogramms fand ich mich ziemlich oft an den Mann denkend. Im Flieger, im Boot, im Hotel – immer dasselbe. 

Das geht so nicht, hab ich mir gesagt, du bist jetzt 38 Jahre alt und machst das hier echt nicht zum ersten Mal. Wie albern. Ein Quasi-One-Night-Stand, du machst dich ja selbst zum Affen, wenn du da jetzt dran fest hälst, sagte ich mir.

Es war superschön und es hat mich definitiv über den kleinen und teuren Umweg hinweg getröstet. Das sollte doch genug sein, nicht wahr? Für normale Menschen vielleicht, aber mein Hirn sah das anders.

Gleichzeitig aber- schrieb er mir noch alle paar Tage, was mich hoffen ließ, dass er auch nicht ganz damit abgeschlossen hatte. Obwohl wir das ja eigentlich abhaken mussten, weil, was auch sonst?

Ich kämpfte also mit mir und versuchte, mich anderweitig zu beschäftigen. Scrollte lustlos durch Tinder, schrieb mit 1, 2 Matches – traf niemanden. In Sydney ging ich auf einen Pub Crawl und wurde sogleich wieder daran erinnert, wie Männer sich sonst so verhalten.

Spät am Abend fing ein österreichischer Unternehmensberater an, mir laufend Getränke zu kaufen und ich dachte schon ohje, ich sehe, was das hier wird. (Natürlich nahm ich die Getränke trotzdem, kann er sich wohl leisten)

Mein Gefühl trügte nicht, denn er wollte unbedingt, von mir mit auf mein Zimmer genommen werden. Als ich ihm sagte, das gehe nicht, weil ich ihm Air BnB sei bei jemandem zuhause, dachte ich, das hätte sich jetzt erledigt. Stattdessen schlug er vor, doch einfach da unten im Hauseingang zu vögeln? Weil “Carpe Diem” und so.

Ich lachte ihn aus und ging nach oben. Als ich schon schlief, schickte er mir ein Foto, auf dem er seinen Schwanz mit der Hand verdeckte und meinte, das hätte ich verpasst.

Erstaunlicherweise konnte ich immer noch sehr gut in dem Wissen schlafen, diese mittelmäßigen 30 Sekunden verpasst zu haben.

Nicht aus dem Kopf wollte mir trotzdem der Mann aus Brisbane, aber hey, was will man machen? 

Fürs Erste machte ich weiterhin nichts, außer ihm halt doch ab und zu zu schreiben. Oder er mir. 

Und ja, manchmal war mir so, als hätte ich einfach noch etwas da bleiben sollen. Ob ich nicht einfach nochmal zurück könnte? Das Allein-Reisen schmeckte eher wieder fad, nachdem man gute Gesellschaft gehabt hat. Blödsinn, dachte ich mir, der Wunsch ist da, aber das habe ich schon wirklich öfter probiert. Immer mit schlechtem Ergebnis.

Die Beispiele, die mir einfielen, waren allesamt abschreckend. Lehrreiche Ereignisse. Oder hätten es sein sollen.

Da war zum Beispiel mein erster Trip alleine, sechs Wochen durch die USA, ca. 10 Jahre her. 

Mann A traf ich in New York, zwei Nächte, er war höchst angetan und nachdem ich weiterfahren musste, packte mich der Gedanke, dass das doch scheiße ist. Weil, warum treffe ich zuhause nie jemanden, der so wirklich auf mich steht? Ich war höchst-traurig und das hilft natürlich wenig, wenn man versucht, am nächsten Reise-Zielort Spaß zu haben.

Postwendend fuhr ich zurück nach New York, wo er extra ein Zimmer gemietet hatte. Vorher waren wir im Hostel (the things you do when you’re young, I guess).

Allerdings, so richtig gut war das Wiedersehen nicht, für mich auf jeden Fall. Nicht so sehr schlimm, dass ich meine Rückkehr bereute, aber auch nicht so, dass ich nicht damit abschließen konnte.

Ein paar Stationen später, New Orleans. Mann B traf ich nur zum Stadt angucken, es schien als bestünde da kein Interesse. Bis er sich ein Herz fasste – naja, und ich dann eine Woche vom Hostel zu ihm nach Hause zog. 

Das war wirklich schön – so schön, dass ich mir beim Abschied die ein oder andere Träne verdrückte. Was los sei, meinte er. Er schlussfolgerte aus meinen Erzählungen, dass mich zuhause einfach nie ein Mann gut behandelt hätte. Da denke ich heute noch manchmal dran, denn leider ist das zehn Jahre später immer noch wahr.

Meine Obsession mit Mann B ließ mich leider noch längere Zeit nach meiner Rückkehr nicht los. Bis er mir unmissverständlich zu verstehen gab, dass das Blödsinn sei. Gut, eine weitere Lektion in Realität.

Was hab ich noch auf der Liste? Mann C aus Chile. Ich traf ihn in Santiago, auch hier verbrachte ich eine gute Woche bei ihm zuhause. Dann nahm ich den Flieger zur Osterinsel, schon lange gebucht und geplant. Angekommen, fühlte ich mich erstmal einsam und bäh (Überraschung).

Wirklich überraschend war, dass er mich dann anrief und mir mitteilte, dass er am nächsten Tag nachkommen würde?! Er sei da noch nie gewesen und überhaupt, er wolle mich weiter sehen.

Von der Geste so gerührt sagte ich natürlich ja. Das war auch super-süß. Ein bisschen in Schieflage geriet alles, nachdem ich irgendwas sagte und er mich aufgebracht fragte, ob das etwa alles nur ein Urlaubsflirt für mich sei? Eeehhm, keine Ahnung? Da hatte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich drüber nachgedacht. Andererseits war ich aber auch nicht sterbensverknallt wie in Mann B damals. 

Wer sterbensverknallt war, war der Mann. Und er war ein echt Lieber, also sollte ich es wahrscheinlich versuchen, dachte ich mir? Meine romantische Karriere war zu diesem Punkt in meinem Leben ja nichts anderes als verkorkst gewesen, da schien mir ein Typ vom anderen Ende der Welt geradezu als normal.

Am Ende kam er etwa drei Monate später für vier Wochen nach Europa – und es war ein ziemliches Desaster. Er liebte ungefähr alles, was ich langweilig fand – und umgekehrt. Ich fürchte, ich hab ihm dann das Herz gebrochen. Andererseits ist er danach nach Deutschland gezogen und wie eine fixe Google-Suche zeigt, lebt immer noch da. Und ich hoffe, es geht ihm gut.

Ist die Liste damit durch? Oh, weit gefehlt.

Mann D traf ich Jahre später in Kambodscha und auch da war die Zeit sehr kurz. Ich erinnere mich nicht mal mehr an viel, außer, dass ich später die Zeit in Kambodscha verkürzte, um ihn in Thailand zu treffen. Ihn da zu treffen, nachdem er gesagt hatte: Komm doch vorbei. Als ich allerdings eintraf, wollte er nichts mehr von mir wissen.

Ich traf stattdessen eine coole Frau aus Finnland und machte mir ihr für eine ganze Zeit nichts als trinken, feiern und Pad Thai essen. Danach ging ich für 10 Tage ins Schweigekloster. As one does.

Hatte ich danach meine Lektion gelernt? Ihr ahnt es schon, I did not.

Nachdem ich 2018 im Urlaub auf Sri Lanka Mann E getroffen hatte, sagte ich mir zwar, dass ich was gelernt hätte. Allerdings kam Mann E auch aus Wien und das ist, naja, machbar. 

Tatsächlich tat sich ein paar Wochen nach der Reise auf der Arbeit die Gelegenheit für einen Termin in Wien auf und ich fragte ihn, ob er Gesellschaft wolle? Das erschien mir alles sowas von wie Schicksal! Tja, wir pendelten dann etwa neun Monate lang hin und her. 

Bis er mir eines Tages, etwa 30 Minuten bevor ich zum Flieger nach Berlin los musste, offenbarte, er liebe mich nicht mehr. Wait, wann hast du mich denn geliebt? Hättest das nicht mal sagen können? Aber was blieb übrig, ab zum Flughafen, ein Viertel Wein geext und mit eingekniffenem Schwanz zurück nach Deutschland.

Kurz darauf folgte dann, wir erinnern uns, die Pandemie. Also erstmal mit dem Arsch zuhause geblieben. 

Aber wenn ich dachte, eins aus den Buchstaben A-E gelernt zu haben, dann das Urlaubsflirts nur Urlaubsflirts sind und man gar nicht erst versuchen sollte, die zu verlängern.

Hätte ich das hier allerdings geschrieben, wenn dem so wäre? 

Was soll ich sagen, das Alphabet hat ja noch ein paar Buchstaben.

Leave a Reply